Wenn Ihr die altbekannten Großstädte in Europa bereits wie Eure Westentasche kennt und auf der Suche nach einem erfrischenden neuen Ort seid, der sich optimal für einen Kurztrip eignet, dann habe ich heute einen wahrhaftigen Geheimtipp für Euch: Die Stadt Gent in Belgien. Diese Stadt eignet sich wirklich perfekt zu einem Kurztrip – zu jeder Jahreszeit. In meinem heutigen Beitrag erfahrt Ihr mehr über die Sehenswürdigkeiten in Gent und warum Ihr Euch diese wundervolle Stadt in Flandern auf keinen Fall entgehen lassen solltet!
Warum sich ein Kurztrip nach Gent lohnt
London, Rom, Paris – keine Frage, das sind einzigartige Städte mit einer beeindruckenden Historie und atemberaubenden Kulissen. Doch viele von uns haben diese Städte bereits (mehrfach) besucht. Doch auch sonst sind diese Metropolen aufgrund ihrer Größe und der Anzahl ihrer Sehenswürdigkeiten nicht unbedingt ideal für einen Kurztrip. Wenn Euch in diesen Städten nur ein Tag oder ein Wochenende zur Verfügung steht, droht der Aufenthalt schnell zum Sehenswürdigkeiten-Marathon zu werden. Am Ende seid Ihr womöglich noch völlig geschafft und verlasst die Stadt, ohne wirklich etwas von der Stadtkultur selbst mitgenommen zu haben. Die für einen Kurztrip optimale Stadt ist daher meiner Meinung von mittlerer Größe, architektonisch interessant und sollte auch kulinarisch etwas zu bieten haben. In derartigen Städten kann man die entsprechenden Sehenswürdigkeiten dann fußläufig ablaufen, ohne sich erst in das lokale System des öffentlichen Nahverkehrs einarbeiten zu müssen. Meistens sind diese Städte auch nicht überlaufen von Touristen, was den positiven Nebeneffekt hat, dass man in größerem Maße an der Stadtkultur bzw. am Alltag der Einheimischen partizipieren kann. Wenn die Stadt dann auch noch ein paar nette Restaurants und kulinarische Highlights zu bieten hat, dann kann der Kurztrip wirklich seinen Zweck erfüllen und Euch etwas Erholung und Abwechslung vom Alltag bescheren. Wo aber findet man eine solch perfekte Stadt für einen Kurztrip? Nun, Ihr ahnt es: In Belgien. 😉
Allgemeine Informationen zu Gent
Bevor wir zu den Sehenswürdigkeiten in Gent kommen, möchte ich Euch vorab ein paar allgemeine Informationen zur Stadt und zu ihrer Geschichte geben: Gent ist die Hauptstadt der belgischen Provinz Ostflandern und mit ca. 260.000 Einwohnern (Stand 2017) die zweitgrößte Stadt in Flandern und die drittgrößte in Belgien – nach Brüssel und Antwerpen. Gent liegt am Zusammenschluss der Flüsse Schelde und Leie. Die erste nennenswerte Besiedlung in diesem Gebiet geht auf die Römerzeit zurück. Im Mittelalter zählte Gent aufgrund seines Tuchhandels zu einer der größten und wichtigsten Städte in Europa. Unter der Herrschaft von Philipp II. von Spanien kam es Mitte des 16. Jahrhunderts zu Auseinandersetzungen zwischen den protestantischen Bewohnern der Stadt und den spanischen Katholiken. Dieser religiöse Konflikt fand durch den Abschluss der Genter Pazifikation im Jahr 1576 sein Ende. Vom 17. Jahrhundert bis Mitte des 18. Jahrhunderts verfiel die Stadt in eine Tiefe wirtschaftliche Rezession, bevor durch die Ansiedlung neuer Gewerbe (z.B. Zuckerraffinerien, Baumwollspinnereien) und die Industrialisierung ein erneuter wirtschaftlicher Aufschwung eingeläutet wurde. Gent wuchs in der Folge zu einem Industriezentrum heran und die Einwohnerzahl vergrößerte sich um ein Vielfaches. In den Revolutionskriegen fiel Gent im Jahr 1794 in französische Hand, im Jahr 1815 wurde die Stadt Teil des Königreichs der Vereinigten Niederlande, bis Belgien schließlich im Jahr 1830 zum unabhängigen Königreich wurde. Heute bietet die Stadt mit tausenden von denkmalgeschützten Gebäuden und ca. 65.000 Studenten Studenten eine unglaubliche Mischung aus Geschichte und modernem Lebensgefühl. Besonders angenehm an Gent ist auch, dass die Innenstadt größtenteils autofrei ist.
Sehenswürdigkeiten in Gent
Im Folgenden möchte ich Euch einen Überblick über die Sehenswürdigkeiten in Gent geben. Wenn Ihr nicht genau wisst, was Ihr Euch in Gent anschauen solltet, dann könnt Ihr Euch an dieser Liste orientieren. Viele dieser Sehenswürdigkeiten in Gent sind aber auch kaum zu übersehen, sodass Ihr vermutlich auch von alleine im Rahmen eines Spaziergang durch die Innenstadt auf sie stoßen würdet. 😉 In jedem Fall erfahrt Ihr hier ein wenig mehr über sie.
Belfried: Wie in vielen anderen Städten in Frankreich und Belgien gibt es auch in Gent einen Belfried (Belfort). Zusammen mit der St.-Nikolaus-Kirche und der St.-Bavo-Kathedrale (dazu sogleich) bildet er die berühmte Genter Turmreihe (drie torens van Gent). Beim Belfried handelt es sich um einen Profanbau, der die städtische Freiheit symbolisiert. Mir persönlich haben es diese mittelalterlichen Glockentürme irgendwie angetan. Wann immer ich eine Stadt mit einem Belfried besuche, mag ich es besonders gerne, die vielen Treppen des Belfrieds hochzulaufen, um von ganz oben die gesamte Stadt überblicken zu können. Der Belfried von Gent ist übrigens 95 Meter hoch, wurde im 14. Jahrhundert erbaut und zählt seit dem Jahr 1999 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Im Jahr 1377 wurde auf die Spitze des Belfrieds der legendäre „Drache von Gent“ gesetzt, der die Stadt und ihre Unabhängigkeit beschützen sollte. Angrenzend an den Belfried findet sich auch die Tuchhalle (Lakenhalle), die das Zentrum der einstigen Handelsmacht der Stadt bildete. Ebenfalls berühmt ist der an den Belfried grenzende „Mammelokker“ aus dem Jahr 1741, der als Wachstube zum Stadtgefängnis diente.
St.-Bavo-Kathedrale und Lamm Gottes: Ebenfalls kaum zu übersehen ist in Gent die bereits erwähnte St.-Bavo-Kathedrale (Sint-Baafskathedraal). Die Kathedrale ist aber nicht nur ein beeindruckendes Bauwerk, denn in der Krypta der Kathedrale könnt Ihr eine unglaubliche Anzahl an Kunstschätzen bewundern. In der St.-Bavo-Kathedrale findet sich auch der weltberühmte Genter Altar. Dieser Flügelaltar wurde im Jahr 1432 von Jan van Eyck (und evtl. auch dessen Bruder Hubert van Eyck) geschaffen. Im Zusammenhang mit der Urheberschaft gibt es aber nach wie vor noch das ein oder andere Rätsel. Die zentrale Tafel des Altars enthält „Die Anbetung des Lamm Gottes“, eines der berühmtesten Gemälde der Welt. Der Altar hat mittlerweile eine sehr abenteuerliche Geschichte hinter sich. Unter anderem befand er sich vorübergehend in den Händen von Napoleon und der Nazis im Zweiten Weltkrieg.
St.-Nikolaus-Kirche: Die St. Nikolaus-Kirche (St.-Niklaaskerk) komplettiert neben dem Belfried und der St.-Bavo-Kathedrale die sog. drei Türme von Gent. Dieses Gotteshaus aus dem 13. Jahrhundert war die Kirche der Kaufleute und der Gildemeister. Die aus Blaustein im Stil der Scheldegotik gebaute Kirche wurde im Laufe der Zeit – nicht zuletzt aufgrund von Problemen mit der Standfestigkeit – wiederholt erneuert und umgebaut. Neben der St.-Bavo Kathedrale und der St. Nikolaus-Kirche hat Gent natürlich noch eine beeindruckende Anzahl weiterer sakraler Bauten zu bieten – genannt seien an dieser Stelle nur die St.-Michael-Kirche (Sint Michielskerk) und die St.-Jakob-Kirche (Sint Jakobskerk).
Burg Gravensteen: Absolut beeindruckend ist die mittelalterliche Burg Gravensteen (Grafenstein) mitten in der Stadt. Es handelt sich dabei um eine Burg, wie man sie aus Bilderbüchern kennt – samt Waffenarsenal und Folterkammer. Nachdem eine erste Burg bereits im Jahr 870 errichtet worden war, in der Folge aber zerstört wurde, ließ Philipp von Elass (damaliger Graf von Flandern) die noch heute erhaltene Burg Gravensteen von 1180 bis 1200 auf den Ruinen der ersten Burg errichten. Die Burg Gravensteen in Gent ist übrigens eine der größten Wasserburgen Europas.
Große Fleischerhalle: Zu den zentralen Sehenswürdigkeiten in Gent zählt sicherlich auch die Große Fleischerhalle (Groot Vleeshuis). Hier wurde früher der offizielle Fleischmarkt abgehalten. Im inneren der Halle durften nur Fleischprodukte kontrollierter Qualität verkauft werden, die übrigen Produkte wurden außerhalb der Fleischhalle verkauft. Heute findet sich in der Großen Fleischerhalle das Zentrum zur Förderung regionaler Produkte aus Ostflandern. Von der Decke hängen hier zahlreiche Schinken (insbesondere der typische Genter Ganda Schinken) und man kann eine Vielzahl an ostflämischen kulinarischen Spezialitäten probieren – von lokalen Bieren, über Käse, bis hin zu Schokolade – für jeden Geschmack ist etwas dabei.
St.-Michael-Brücke: Von der St.-Michael-Brücke, unweit von der St.-Michael-Kirche, genießt Ihr in beide Richtungen einen wunderschönen Blick auf viele Sehenswürdigkeiten in Gent.
Graslei und Korenlei mit Gildehäusern: Wenn Ihr am Sozialleben der Stadt Teil haben wollt, dann seid Ihr hier richtig. Die Graslei und die Korenlei sind gewissermaßen der Treffpunkt der Stadt. In diesen Straßen am mittelalterlichen Hafen wimmelt es – insbesondere im Sommer – nur so vor Menschen, die am Ufer der Leie vor der einzigartigen Kulisse der historischen Gildehäuser zusammenkommen. Von den historischen Gildehäusern verdienen insbesondere das Getreidestapelhaus („de Spijker”), das Getreidemesserhaus und das eindrucksvolle Gildehaus der Freien Schiffer Erwähnung. Auf der anderen Seite – an der Korenlei – findet sich das wesentlich bescheidenere Gildehaus der Unfreien Schiffer. Die Unfreien Schiffer genossen im Unterschied zu den Freien Schiffern nicht das Recht, mit eigenen Schiffen auf den Binnengewässern zu verkehren, sondern mussten die für den Handel benötigten Frachtkapazitäten von den Freien Schiffern erwerben.
Bootsfahrt durch die Kanäle von Gent: Keine eigentliche Sehenswürdigkeit aber dennoch ein einmaliges Erlebnis bietet eine Bootsfahrt durch die Kanäle der Stadt. Wenn Ihr etwas müde vom Laufen oder vom Besteigen des Belfrieds seid, könnt Ihr hier einfach von der Graslei aus in eines der zahlreichen Boote steigen und Euch über die Leie durch die Kanäle der Stadt fahren lassen. Hier könnt Ihr die vielen Sehenswürdigkeiten in Gent noch einmal entspannt aus einer ganz anderen Perspektive genießen!
Fazit
Gent ist eine malerisch schöne Stadt, die vielfach unterschätzt wird. Vielleicht ist dies aber gerade auch gut so, weil sie dadurch nicht von Touristen überlaufen ist. Gerade im Vergleich zum kleineren Brügge fällt dieser Aspekt auf. Während ich in Brügge mitunter das Gefühl hatte, durch ein Museum zu laufen, habe ich Gent stärker als eine „lebendige“ Stadt zu laufen, bei der man mehr von der Stadtkultur mitbekommt. Für mich stellt daher Gent den wahren Geheimtipp in Belgien dar. Die Stadt ist einfach perfekt für einen erholsamen Kurztrip – zu jeder Jahreszeit. In der wärmeren Saison kann man hier den Abend wunderbar an der Graslei ausklingen lassen. Im Winter strahlt die Stadt mit ihren mittelalterlichen Bauten eine mystische Schönheit aus. Die indirekte Beleuchtung der Bauten bei Nacht verleiht der Stadt ein märchenhaftes Gewand. Die vielen Sehenswürdigkeiten in Gent lassen sich ganz entspannt zu Fuß ablaufen. Auch kulinarisch könnt Ihr es Euch in Gent (wie allgemein in Belgien) richtig gut gehen lassen. Probiert doch einmal die flämische Karbonade (Stoofvlees oder Stoverij) und die lokalen Biere. Wer gern nascht, probiert die Cuberdons (wegen ihrer Form auch Neuzeke – „Näschen“ genannt). Cuberdons sind kleine kegelförmige Gelee-Süßigkeiten, die klassisch in der Geschmacksrichtung Himbeere hergestellt wurden, mittlerweile aber in verschiedensten Geschmacksrichtungen erhältlich sind. Besonders interessant für Vegetarier: Jeden Donnerstag ist in Gent Veggietag!
Ich kann Euch einen Besuch dieser tollen mittelalterlichen Stadt wirklich nur empfehlen! Gerade wenn Ihr im Rheinland ansässig seid, ist es nicht weit nach Gent – von Köln sind es mit dem Auto ca. 3 Stunden. Sehr gut ist auch die Verbindung mit der Bahn. Hier fahrt Ihr mit dem Thalys nach Brüssel und steigt dort um.
Wenn Ihr Euch für weitere Kurztrip-Ziele in Belgien interessiert, dann werft doch auch mal einen Blick in meinen Beitrag zu Leuven / Löwen!
Gent hatte ich tatsächlich überhaupt nicht auf dem Schirm, sieht ja echt schön aus dort! Kommt direkt auf die To-do-Liste. Danke für deinen ausführlichen Bericht.
Hab einen schönen Start in die Woche, Anna